Ausdrücklich empfohlen: Schönes aus der Arktis, Teil 7 der Reihe um Frieda Klein von Nicci French, "Ellbogen", das Debüt des Jahres von Fatma Aydemir, das unwiderstehliche "Hotel Laguna" von Alexander Gorkow und natürlich DER Serienauftakt 2017, "Das Leben des Vernon Subutex" von Virginie Despentes. So viel "Aah!" und "Oh!" und "Wow!" war selten. Von Vincent Muniers Bildern geht eine große Faszination aus. Die meisten erschließen sich erst auf den zweiten Blick, weil man die Tiere in Schnee und Eis der Arktis erstmal nicht entdeckt. Andere wirken surreal, wie das der landenden Schneeeule, deren Flügel beinahe durchsichtig zu sein scheinen. Die Anstrengung und die Kälte, die der Fotograf aushalten musste, werden spürbar. Auch die Zerbrechlichkeit dieser majestätischen Welt. Wer vermisst keinen Schnee zu Weihnachten? Eben. Vincent Munier: "Im eisigen Weiss". Knesebeck Verlag
Dieses Debüt hat mich Anfang des Jahres umgehauen: Fatma Aydemir: "Ellbogen". Hazal wird gerade 18. Sie ist, was man früher ein Gastarbeiterkind genannt hätte und heute als junge Frau mit Migrationshintergrund bezeichnet. Geboren und aufgewachsen im Berliner Wedding. Der Vater verlangt Gehorsam, auch mit Prügel. Die Mutter schweigt und dröhnt sich mit Psychopharmaka zu. Hazals jüngerer Bruder Onul macht kleinkriminelle Deals und darf sich zuhause wie der King aufführen, während sie allen Tee, Çai, servieren muss. Aber Hazal hat noch ihre Freundinnen Gül und Elma, mit denen sie kiffen, trinken, lästern, sich aufdonnern und durch Berlin ziehen kann. Wie Fatma Aydemir diese Figur heraufbeschwört, das ist sensationell. Ihr genügen wenige Sätze, um Menschen zu beschreiben, Lügen zu sezieren oder Verzweiflung und Frust spürbar zu machen. Und das in einem ganz eigenen Ton. Hazal erzählt mit aggressivem Witz und schmerzhaft ehrlich. Hammerstimme!
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