Die Tatorte heißen "Haus Fröhlich Abendschein" oder "Haus Sonne", die Ermittlungen schwanken zwischen Forscherdrang und Harndrang, und es stellt sich die Frage: "Wer bringt denn bitte Leute um, die sowieso bald von selber sterben?" Gleich zwei Autoren loten gerade das kriminelle Potential der alternden Bevölkerung aus. Und lassen greise Ermittler*innen auf die Menschheit los. Gut, soo neu ist das nicht, Miss Marple war ja auch nie jung. Aber Herbert Knorr, Westfale, und Rainer Nikowitz, Wiener, mischen ihren Rollatorthrillern sehr viel mehr Komik bei als Agatha Christie das je konnte. Humor von der ganz schwarzen, knochentrockenen Sorte. In "Pumpernickelblut" lässt Herbert Knorr die resolute Rentnerin Else Erpenbeck im münsterländischen Haus Fröhlich Abendschein hinter Lug und Trug und Mord und Totschlag kommen. Zusammen mit "Kindken", wie die alte Dame die neue Belegungsmanagerin Anna Müller nennt, die sie ungefragt zu ihrem Watson macht. Das ist sehr lustig, aber nicht nur, denn auch der kriminelle Pflegenotstand in Deutschland wird zum Thema. Wer Herbert Knorr bei seinen extrem unterhaltsamen Lesungen erlebt hat, allein oder mit seiner Bühnenpartnerin Marie-Luise Marjan, würde sich sicher über die Hörbuchversion freuen. Aber da das noch dauern kann, lege ich Ihnen das gedruckte Buch ans Herz (oder "an't Häaz", wie Else wahrscheinlich sagen würde): "Pumpernickelblut" von Herbert Knorr, erschienen im Pendragon Verlag Bielefeld. 480 Seiten, 15 Euro Den Preis für das beste Cover der Saison allerdings räumt eindeutig Rainer Nikowitz mit "Altenteil" ab. Sein Serienermittler Suchanek ("Volksfest" und "Nachtmahl") wird zu einem Monat Sozialdienst mit Nachmittagsbingo, Schnabeltassen und Erwachsenenwindeln verdonnert. Irgendwem geht das allgemeine Sterben in Haus Sonne nicht schnell genug, also sind detektivische Fähigkeiten gefordert. "Was, schon wieder ein Mord?" Suchanek hat's nicht leicht: Sein grantiger Co-Ermittler Herr Renner ist ein Pflegefall und hasst alte Menschen. Inspektor Prskawetz (kein Tippfehler) misstraut Suchanek und allen anderen. Zu Recht, wie es scheint: Mehr Dioptrien hatten Augenzeugen selten, und will man sich wirklich auf das Erinnerungsvermögen von Demenzkranken verlassen?
Rainer Nikowitz arbeitet als Kolumnist für das österreichische Magazin "Profil". Dass österreichische Krimis "morbide" und "schräg" sind, ist ein Klischee. Aber auch wieder wahr - und in diesem Fall besonders komisch umgesetzt. "Altenteil" von Rainer Nikowitz, erschienen bei Rowohlt Polaris. 352 Seiten kosten 14.99 Euro. Comments are closed.
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